Depression

Diese Erkrankung ist sehr häufig. Man geht davon aus, dass jeder fünfte Österreicher einmal im Leben eine behandlungsbedürftige Depression erleidet. Betroffen sind alle sozialen Schichten,  Kulturen, jedes Geschlecht und Alter. Frauen erkranken doppelt so häufig an Depressionen wie Männer.

Krankheitsbild

Bei der Krankheitsentstehung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Einerseits geht man davon aus, dass es eine genetische Veranlagung gibt, die zu einer erhöhten biologischen  Bereitschaft führt eine Depression zu entwickeln. Diese Veranlagung verursacht eine Veränderung des Botenstoffwechsels zwischen den Nervenzellen. Der Serotoninspiegel und der  Noradrenalinspiegel im Gehirn depressiver Menschen ist niedriger als bei Gesunden. Zusätzlich zu der erhöhten Empfindlichkeit kommt meist noch eine aktuelle Belastungssituation wie eine Trennung, eine berufliche oder private Überbelastung oder eine schwere körperliche Krankheit, die dann zu einer depressiven Entwicklung führt.

Formen der Depression

Es gibt die unipolare Depression, welche aus einer oder mehreren depressiven Phasen besteht. Von einer saisonalen Depression spricht man, wenn die Erkrankung typischerweise im Herbst-Winter auftritt und mit dem jahreszeitlich bedingten Lichtmangel zu tun hat.

Sonderform
Unter einer bipolaren Depression versteht man eine eigenständige Erkrankung, welche im Rahmen einer bipolaren Störung (manisch-depressive Erkrankung) auftritt.

Symptome

Psychische Symptome
gedrückte Stimmungslage, Antriebsmangel, Freudlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Gefühlsverlust, Gefühl der inneren Leere, sozialer Rückzug, Ängste, Grübeln, Schuldgefühle,  Entscheidungsschwäche, Gedanken an Tod und Sterben (Suizid)

Physische Symptome
Ein- und Durchschlafstörungen, morgendliches Früherwachen, dauernde Erschöpfung, Appetitlosigkeit,
Gewichtsabnahme, Nachlassen des sexuellen Verlangens, diffuse körperliche Symptome, wechselnde Schmerzen, Herzbeschwerden Oft werden die körperlichen Symptome vordergründig behandelt und die zugrundeliegende psychische Erkrankung dahinter nicht erkannt oder verzögert diagnostiziert und behandelt.

Bei Männern sind die Anzeichen einer Depression häufig andere als bei Frauen.

Geschlechtsspezifische Zeichen

Bei Männern sind die Anzeichen einer Depression häufig andere als bei Frauen. Frauen sind in der Krankheit vor allem bedrückt und antriebsgestört. Sie sind oft nicht mehr in der Lage, einer Arbeit nachzugehen oder den Haushalt zu führen. Die „männliche“ Depression weicht nicht selten von den klassischen Symptomen ab und ist dadurch schwerer zu diagnostizieren. Sie geht eher mit Unruhe, feindseligem, aggressivem und riskantem Verhalten, Gereiztheit und nicht selten übermäßigem Alkoholkonsum einher. Neben der krankheitsbedingten  Verzweiflung und Perspektivlosigkeit sind bei Männern Schwäche und Hilflosigkeit der Grund dafür, dass sie oft sehr lange keine Hilfe in Anspruch nehmen. Es suizidieren sich auch häufiger an Depression erkrankte Männer als Frauen.

Trauer und Depression

Eine Depression darf nicht mit Trauer verwechselt werden. Ein Mensch, der einen wichtigen anderen verloren hat, spürt Kummer und Trennungsschmerz. Er trauert. In der Depression spürt ein Patient nicht einmal mehr traurige Gefühle, er spürt gar keine Gefühle. Zudem erlebt er keine guten Phasen zwischendurch, wie es bei Trauernden meist der Fall ist.

Therapie

Depressionen können unbehandelt sehr lange andauern, die Symptome vergehen in der Regel, wenn sie behandelt werden aber innerhalb von Wochen bis Monaten. Die Entscheidung über die Behandlungsmethoden ist im Gespräch mit dem/der Facharzt*ärztin zu treffen. Einerseits gibt es die Möglichkeit antidepressive Medikamente einzunehmen, die den  Stoffwechsel im Gehirn wieder normalisieren und Rückfälle verhindern. Auf der anderen Seite ist bei leichten und mittelschweren Depressionen eine Psychotherapie zu empfehlen, welche hilft, die auslösenden Ursachen für diese Erkrankung zu identifizieren und Veränderungen im Lebensstil zu entwickeln, damit eine depressive Reaktion in Zukunft nicht mehr auftritt.
Gruppenangebote zur Aktivierung stellen eine wichtige Ergänzung dar. Rückzugstendenzen wird entgegengewirkt und soziale und kreative Kompetenzen gefördert. Gruppen ermöglichen einen Erfahrungsaustausch mit anderen Klient*innen und verbessern vorübergehend das soziale Netzwerk.

Fallgeschichte: Frau, 47 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, 16 Jahre und 19 Jahre

Es hat vor ungefähr zehn Monaten begonnen, ich konnte auf einmal nicht mehr gut schlafen, hatte große Rückenschmerzen, oft auch Kopfweh. Ich ging mehrmals zum Arzt, dieser hat mir verschiedene Schmerztabletten verschrieben, die haben aber kaum geholfen. Zudem war ich ständig müde, sonst bin ich recht unternehmenslustig, gehe singen und bin in einem Verein aktiv. Mein Mann und meine Kinder haben sich gar nicht ausgekannt, was mit mir los ist, ich auch nicht. Es wurde schlimmer und schlimmer, es ging so weit, dass ich es am Morgen nicht mehr schaffte, überhaupt aus dem Bett zu kommen, geschweige denn, arbeiten zu gehen. Ich arbeite halbtags in einem Geschäft für Schreibwaren und dort arbeite ich auch eigentlich sehr gerne. Wieder ging ich zum Arzt, er hat mich krankgeschrieben, hat gemeint, ich sei wohl überlastet mit Arbeit und Familie. In den nächsten Wochen bin ich mehr oder weniger im Bett gelegen, ich war nicht fähig, etwas im Haushalt zu tun, es war mir so peinlich, nichts gekocht zu haben, wenn meine Familie nach Hause kam, den Haushalt habe ich auch total vernachlässigt, ich habe es kaum geschafft, duschen zu gehen und ständig hatte ich Kopfschmerzen. Ich konnte ja nicht ewig zu Hause bleiben, auch den Arbeitskollegen gegenüber hatte ich schon ein schlechtes Gewissen. Nach drei Wochen Krankenstand bin ich also wieder arbeiten gegangen, ich tat mir aber so schwer, mit den Kundschaften zu reden, in der Pause bin ich aufs Klo gegangen und habe geweint, ich war völlig überfordert und total unkonzentriert. Mein Chef schickte mich nach Hause, wieder Krankenstand. Mein Mann und die Kinder haben gefragt, was mit mir los sei, doch ich konnte keine Antwort geben, weil ich es selber nicht wusste. Ich habe mich selbst gar nicht mehr erkannt, hatte so Angst, weil ich nicht wusste, was mit mir passiert, ständig musste ich weinen, obwohl das sonst nicht meine Art ist, manchmal habe ich sogar gedacht, dass es besser wäre, nicht mehr zu leben. Mein Mann meinte dann, das gehe so nicht weiter, er ging mit mir zu einem anderen Arzt, nämlich seinem Hausarzt, dieser meinte dann, ich habe wohl eine Depression, ich solle in eine Beratungsstelle gehen.
Es kostete mich so viel Überwindung, wenn mein Mann mich nicht „gezwungen“ hätte, wäre ich nicht gegangen. Dort führte ich ein Gespräch mit einer Betreuerin, diese hat mir dann auch viel über Depression erzählt und mir auch gesagt, wie man sie behandelt, sie hat mir auch geraten, zu einem Facharzt zu gehen. Mein Mann hat dann einen Termin für mich gemacht, die Wartezeit war aber so lange, die Betreuerin hat gemeint, es wäre sinnvoll, in die Ambulanz nach Rankweil zu fahren und mich medikamentös einstellen zu lassen. Auch dorthin ist mein Mann mit mir gefahren, ich war zu der Zeit wie eine Marionette. Ich bekam Medikamente verschrieben, wurde aber glücklicherweise nicht stationär aufgenommen. Einige Wochen bin ich dann regelmäßig in die Beratungsstelle gegangen, habe dort viele Gespräche geführt, einmal war auch meine Familie dabei und die Betreuerin hat ihnen erzählt, was ich habe. Ich merkte dann auch, dass es langsam wieder aufwärts geht, mein Mann war in dieser Zeit so wichtig, auch eine gute Freundin ist öfters zu Besuch gekommen und mit mir spazieren gegangen. Da ich immer gern gebastelt habe, fand ich den Vorschlag meiner Betreuerin, in die Kreativgruppe zu gehen, gut. Dort habe ich auch andere Betroffene kennengelernt, die Gespräche dort haben mir unglaublich gut getan. Insgesamt war ich ein halbes Jahr im Krankenstand, in dieser Zeit habe ich viel über mich gelernt, meine Familie sagt, ich hätte mich verändert. Ich glaube, ich schaue mehr auf mich und meine Bedürfnisse und dass ich mich nicht überlaste. Ich habe auch schon einige Termine bei einer Psychotherapeutin gehabt, mit der ich sehr gut reden kann. Vor einigen Wochen habe ich wieder begonnen, zu arbeiten, und es klappt erstaunlich gut, ich war so nervös nach der langen Zeit. Die Medikamente werde ich wohl noch länger nehmen müssen, aber das muss ich in Kauf nehmen, so schlecht, wie ich mich damals gefühlt habe, will ich mich nie wieder fühlen.

 

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