Schizophrenie

Schizophrenie ist eine Erkrankung von der weltweit circa ein Prozent der Menschen betroffen sind. Sie stellt eine der schwersten psychischen Erkrankungen dar und wird zu den Psychosen gezählt. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen, der Krankheitsbeginn bei Männern ist oft im jungen Erwachsenenalter, bei Frauen einige Jahre später.

Krankheitsbild

Die Ursachen für die Entstehung einer Schizophrenie sind nicht eindeutig geklärt. Man geht davon aus, dass gemäß dem Bio-Psycho-Sozialen-Modell mehrere Faktoren zusammenkommen. So haben Menschen eine erhöhte Empfindlichkeit (Vulnerabilität) bei der Verarbeitung von Sinnesreizen. Sie können sich vor belastenden äußeren Faktoren (z.B. Stress, Lärm, Lichtreize, …) weniger schützen. Eine Erhöhung des Nerven-Botenstoffes Dopamin wird für die krankheitstypischen Veränderungen verantwortlich gemacht. Der*die Erkrankte lebt in zwei Welten. Die reale Welt, die auch das Umfeld wahrnimmt und eine veränderte Wirklichkeit mit Gefühlen, Erlebnissen und Sinneseindrücken, die das Umfeld nicht nachvollziehen kann. Die Unterscheidung zwischen Realität und Unwirklichem gelingt nicht mehr sicher oder gar nicht mehr. Es kommt zu Störungen im Denken, Wahrnehmen und  Erleben, in der Gefühlswelt und in der Kommunikation. Auch Antrieb und Motorik können beeinträchtigt sein. Dieser Zustand wird oft als bedrohlich und beängstigend erlebt. Der*die  Klient*in wird von der Umwelt als stark verändert wahrgenommen.

Oft gibt es schon Frühsymptome, die der Erkrankung Monate, manchmal Jahre vorausgehen. Die Erkrankung kann selten einmalig, öfter in Schüben oder chronisch auftreten.

Symptome

Frühwarnsymptome
Innere Unruhe, Anspannung, Schlafstörungen, Ängste, Gereiztheit, Misstrauen, Probleme in Familie und Umfeld, Rückzug, Interessensverlust, Konzentrationsstörungen und Denkstörungen. Werden diese Symptome nicht erkannt oder behandelt, kann es zu einer psychotischen Episode kommen, die Symptome, die dabei auftreten, sind individuell verschieden. Man unterscheidet Positiv- und Negativsymptome.

Positivsymptome
Wahnvorstellungen (Verfolgungswahn, religiöser Wahn, Vergiftungswahn, usw.), Halluzinationen (am häufigsten ist das Hören von Stimmen, die es nicht gibt), Denkstörungen (das Denken ist oft unlogisch, wirr, die Gedankengänge sind eher kompliziert, schwer nachvollziehbar, oft hat der Patient viele Ideen und Visionen), Erregungszustände, Anspannung Überempfindlichkeit, Aggression, Ängste, Gefühl der Beeinflussung von außen, Misstrauen

Negativsymptome
Antriebsmangel, Lustlosigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, mangelnde Beziehungsfähigkeit, Rückzug, mangelndes Körpergefühl, Verwahrlosung, Depression (hohe Suizidgefahr!), Flucht in die eigene, innere Welt, Misstrauen gegenüber anderen

Therapie

Ziel ist die Verbesserung der akuten Symptomatik und die Verhinderung von Episoden im Sinne der Prophylaxe. Sämtliche Rehabilitations- und Betreuungsangebote unterstützen bei der aktuellen Lebensbewältigung maßgeblich und finden ihr Optimum in einer individuellen Kombination nach Bedarf.

Medikamente zur Phasenprophylaxe
Als essentiell haben sich medikamentöse Therapien - antipsychotische Medikamente, welche stimmungsstabilisierend wirken - erwiesen. Ebenso tragen sie zur Verhinderung von  Episoden bei.

Gespräche in Beratungsstellen
Diplomierte Fachkräfte helfen aktuelle Probleme zu lösen.

Soziotherapeutische Angebote
Psychoeduktionsgruppen zum Erlernen der Symptome, Behandlungsmöglichkeiten, Medikamentenwirkungen und - nebenwirkungen sowie Frühwarnzeichen. Je früher darauf reagiert wird, umso größer sind die Chancen, eine Episode „abzufangen“.

Tages- und Wochenstrukturierung
Kreativ-, Ergo-, Kunst-, Koch- und Freizeitgruppen sowie gemeinsamer Mittagstisch und Austausch mit anderen Betroffenen in einem Tageszentrum bieten sinnvolle Tagesgestaltung und soziale Kontakte.

Beschäftigungsprojekte und Arbeitstraining
Zur langsamen Heranführung an Belastungsgrenzen und Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit.

Psychotherapie und regelmäßiger Facharztbesuch

Beteiligung der Angehörigen
Bringt Entlastung durch Aufklärung und Information über Erkrankung und Frühwarnzeichen.

Therapeutische Wohngemeinschaften
Bieten die Möglichkeit zur Festigung der Alltagsfähigkeit.

Fallgeschichte: Mann, 36 Jahre, ledig, keine Kinder

Laut Diagnose habe ich eine drogeninduzierte Psychose. Laut einer meiner Ärzte hatte ich aber schon die Veranlagung dazu gehabt. Ich habe ca. mit 15 Jahren begonnen, Drogen zu konsumieren. Der klassische Weg von sogenannten weichen Drogen zu den harten Drogen. In dieser Zeit des Drogenkonsums hatte ich ein Gefühl, dass das was ich weiß über das Leben, nicht alles ist. Dass es also mehr in dieser Welt gibt, als ich bisher wahrgenommen hatte. Im Jahr 2001 hatte ich ein Erlebnis, welches mich endgültig in die Schizophrenie, oder, wie ich glaube, auf eine höhere Ebene des Seins, geführt hat. Es war wieder die Überzeugung, dass Menschen nach einer Reifezeit, auf eine quasi höhere Ebene kommen, in der man in Gedanken miteinander kommunizieren kann und sogar Telekinese möglich ist. Daraufhin war ich glücklich, weil ich dachte, auch auf diese Ebene gekommen zu sein.
Aber mit diesem zuletzt erwähnten Erlebnis kam auch eine bedrohliche Seite dieser Ebene. Ich dachte es gibt Menschen, die mich irgendwie vereinnahmen können. Dass ich sozusagen, wenn diese Menschen es schaffen, mich zu vereinnahmen, ich denjenigen gehöre. Ich hatte Angst, dass das passiert und bekam von anderen Menschen Zeichen, wie einmal oder zweimal Blinzeln, um der Bedrohung zu entkommen. Die Zeichen bekam ich auch, um in diese höhere Ebene zu kommen, in der ich dann sicher wäre. Somit haben sich Fronten aufgetan. Die eine Front wollte mir helfen und ich musste Dinge tun, die sie mir mittels Zeichen sagten, um die höhere Ebene zu erreichen. Aber ich scheiterte immer kurz vor dem „Ziel“. Hier griff meiner Meinung nach die, bei mir, große Macht der Enttäuschung ein. Die andere Front wollte mich vereinnahmen und ich wehrte mich mit Hilfe der Gegenfront und schaffte es gerade noch so. Wenn das passierte, spielte die Angst eine bedeutende Rolle. Diese zwei Überzeugungen bestimmen seither mein ganzes Leben. Merkwürdigerweise verändern sich die Fronten ständig, d.h. die Personen die vorher eine Bedrohung darstellten, können auf einmal zu den guten gehören und umgekehrt. Ich sehe überall, in einem unglaublichen Ausmaß, die verschiedenen Zeichen, die mir „helfen“ sollen.
Am Anfang als ich die Stimmen zu hören begann, waren die Stimmen sehr intensiv. Die Stimmen befahlen mir oder beleidigten mich. Derzeit höre ich einzelne Wörter, die meistens Beleidigungen sind. Ich fühle auch, dass andere Menschen in meinen Körper gelangen können, denn ich kann dann denjenigen richtig in mir fühlen. Dadurch, dass ich mich nach den Zeichen richtete, verlernte
ich sukzessive die für mich übliche und sichere Art auf eine Situation zu reagieren. Also sprichwörtlich den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen. Vom Jahr 2001 bis jetzt (2015) kämpfe ich den gleichen Kampf. Entweder muss ich mich gegenüber anderen Menschen verteidigen, oder ich glaube, ich muss nur noch dieses oder jenes machen, damit ich endlich Ruhe habe. Das Tückische an diesem „Kampf“ ist, dass ich irgendwie nie richtig daraus lerne. Das heißt, ich versuche immer wieder dasselbe und scheitere immer wieder. Oder ich fühle mich bedroht und kämpfe dagegen an. Ich habe sehr viele Dinge getan, um es zu schaffen, die mich unter anderem zweimal in die Psychiatrie gebracht hatten.
Mittlerweile nehme ich seit über zehn Jahren keine Drogen mehr und nehme gewissenhaft meine Medikamente. Ich glaube so sehr daran, dass diese andere Welt existiert, dass eigentlich nichts mich so wirklich vom Gegenteil überzeugen kann. Nur ist mittlerweile, vielleicht weil ich schon lange diese Welt als solche erlebe, der Wunsch, diese Ebene zu erreichen, nicht mehr so stark. Mit den Psychopharmaka sind die Eindrücke minimiert, die mich sonst wahrscheinlich zu Grunde richten würden. Die „Lösung“ oder der richtige Weg, aus meiner Sicht, ist zufrieden zu sein und keine höhere Ebene anstreben und gegenüber den erwähnten Bedrohungen gelassener zu sein. Aber eben leichter gesagt als getan.

 

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